Bundesregierung will Bürokratie radikal kürzen
Deutschland krempelt seine Verwaltung um: Bund und Länder haben ein Paket mit über 200 Maßnahmen verabschiedet, das die Digitalisierung vorantreiben und die Bürokratiekosten um ein Viertel senken soll. Kernstück der “Föderalen Modernisierungsagenda” ist eine automatische Genehmigung, wenn Behörden zu lange brauchen – eine kleine Revolution für den deutschen Amtsschimmel.
Die Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) beschloss das Reformpaket am 4. Dezember. Bundeskanzler Friedrich Merz spricht von einem “großen Wurf”. Doch kann die Verwaltung das technisch überhaupt umsetzen? Wirtschaftsverbände mahnen zu Tempo – und warnen vor digitaler Überforderung.
Das wohl radikalste Element der Reform: Reagiert eine Behörde nicht innerhalb von drei Monaten auf einen Antrag, gilt dieser automatisch als genehmigt. Die sogenannte Genehmigungsfiktion soll jahrelange Genehmigungsverfahren bei Infrastrukturprojekten und Unternehmensanträgen beenden.
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“Diese Agenda verschlankt den Staat, beschleunigt Verfahren und schafft einheitliche digitale Standards für die Verwaltung auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene”, verkündete die Bundesregierung in ihrer offiziellen Mitteilung.
Weitere zentrale Punkte des Pakets:
- Ende der Bonpflicht: Die umstrittene Kassenbonpflicht wird abgeschafft – ein Symbol für Bürokratie-Wahnsinn verschwindet.
- 25 Prozent weniger Meldepflichten: Unternehmen sollen deutlich weniger statistische Erhebungen ausfüllen müssen.
- Einheitliche IT-Standards: Verbindliche Schnittstellen für alle Verwaltungsebenen sollen den digitalen Flickenteppich beenden.
Merz betonte am 5. Dezember die Einigkeit mit den Ländern: “Die Föderale Modernisierungsagenda ist ein wichtiger Baustein der dringend notwendigen Staatsreformen. Ich bin froh, dass wir das gemeinsam mit den Ländern entscheiden konnten.”
Once-Only: Daten nur einmal liefern
Herzstück der Digitalisierungsoffensive ist das “Once-Only-Prinzip”: Bürger und Unternehmen sollen ihre Daten künftig nur noch einmal an Behörden übermitteln müssen. Die technische Basis dafür liefert das National Once-Only Technical System (NOOTS), dessen rechtlicher Rahmen Ende 2024 geschaffen wurde.
Jetzt kommt die Umsetzung: Bundes- und Landesbehörden müssen ihre Register so vernetzen, dass sie Daten automatisch austauschen können. Schluss mit zigfachen Kopien der Geburtsurkunde oder wiederholten Gehaltsnachweisen bei verschiedenen Ämtern.
Die Agenda verknüpft diese digitalen Fortschritte mit dem geplanten “Infrastruktur-Zukunftsgesetz”, dessen Entwurf die Bundesregierung bis 31. Dezember 2025 vorlegen will. Dieses Gesetz soll Planungs- und Genehmigungsverfahren für kritische Projekte – von Brücken über Schulen bis zu Glasfasernetzen – weiter beschleunigen.
Wirtschaft: Gut gemeint, aber zu langsam?
Die Reaktionen aus der Wirtschaft fallen verhalten optimistisch aus. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) begrüßt die Richtung, fordert aber mehr Tempo bei der Umsetzung.
“Das Handwerk unterstützt die Modernisierungsagenda umfassend, erwartet aber von Bund und Ländern spürbar mehr Entschlossenheit und Geschwindigkeit bei der weiteren Umsetzung”, erklärte ZDH-Generalsekretär Holger Schwannecke am 4. Dezember. “Die Modernisierungsagenda ist gut, aber sie braucht mehr Mut und Tempo.”
IT-Verbände weisen auf ein grundsätzliches Problem hin: Ohne automatisierte Prüfprozesse könnte die Genehmigungsfiktion nach hinten losgehen. Behörden könnten Anträge vorsorglich ablehnen, um keine ungewollten automatischen Genehmigungen zu riskieren – Verwaltungsexperten diskutieren diese Gefahr bereits intensiv.
Antwort auf historische Bürokratiekosten
Der Reformdruck entstand nicht ohne Grund: Der Nationale Normenkontrollrat (NKR) warnte im Oktober 2025, dass die Bürokratiekosten ein historisches Hoch erreicht haben und Wachstum sowie Innovation abwürgen.
Die “Föderale Modernisierungsagenda” markiert eine Abkehr von den bisherigen Diskussionen um das Onlinezugangsgesetz 2.0 (OZG 2.0) hin zu strukturellen Verwaltungsreformen. Mit dem Prinzip der “Veranlassungskonnexität” – wer eine Aufgabe anordnet, muss sie finanzieren – versucht die Agenda zudem, den Dauerstreit zwischen Bund und Kommunen über die Finanzierung von Verwaltungsleistungen zu entschärfen.
Zeitdruck bis Jahresende
Die Bundesregierung hat sich selbst unter Termindruck gesetzt: Bis Ende Dezember muss der Entwurf für das “Infrastruktur-Zukunftsgesetz” vorliegen. Die Merz-Administration steht in der Pflicht, politische Erklärungen in Gesetzestexte zu gießen.
Für das erste Quartal 2026 ist bereits eine Sonder-MPK angesetzt, um die Fortschritte bei den “Leistungsgesetzen” zu prüfen und die finanzielle Belastung der Kommunen zu überwachen. Jetzt liegt der Ball beim IT-Planungsrat, der die neuen digitalen Standards operativ umsetzen muss – damit aus der Drei-Monats-Frist für Genehmigungen technische Realität statt bloßer Rechtsfiktion wird.
Kann die deutsche Verwaltung diesen digitalen Sprung schaffen? Die nächsten Monate werden zeigen, ob aus dem großen Wurf mehr wird als ein weiteres Reformversprechen.
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