EU ermittelt gegen Google wegen KI-Datenklau
Die EU-Kommission wirft Google vor, seine Marktmacht zu missbrauchen, um Inhalte von Verlagen und YouTube-Kreativen ohne faire Vergütung für KI-Modelle zu nutzen. Es drohen milliardenschwere Strafen.
Brüssel zieht die Daumenschrauben an: Die Europäische Kommission hat am Dienstag ein formelles Kartellverfahren gegen Google eröffnet. Der Vorwurf wiegt schwer – der Konzern soll seine Marktmacht missbrauchen, um Inhalte von Verlagen und YouTube-Kreativen ohne faire Bezahlung für seine KI-Modelle zu nutzen.
Die neue EU-Wettbewerbshüterin Teresa Ribera geht aufs Ganze. Im Zentrum der Ermittlungen stehen Googles KI-Dienste “AI Overviews” und “AI Mode”, die fertige Antworten direkt aus Webinhalten generieren. Die brisante Frage: Werden die Urheber dieser Inhalte überhaupt gefragt – geschweige denn bezahlt?
Verlage in der Zwickmühle
Die Kommission untersucht, ob Google Web-Publishern unfaire Geschäftsbedingungen aufzwingt. Die neuen KI-Suchfunktionen fassen Informationen von verschiedenen Webseiten direkt auf der Google-Startseite zusammen. Praktisch für Nutzer, potenziell ruinös für Verlage.
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Das Dilemma ist offensichtlich: Mit über 90 Prozent Marktanteil bei der Websuche in Europa können sich die meisten Verlage ein Opt-out schlicht nicht leisten. Wer seine Inhalte für Googles KI sperrt, verschwindet oft komplett aus dem Suchindex – ein wirtschaftliches Todesurteil.
Die Wettbewerbshüter vermuten, dass Google diese Abhängigkeit systematisch ausnutzt. Während sich der Konzern privilegierten Zugang zu Trainingsdaten sichert, gehen konkurrierende KI-Entwickler leer aus.
YouTube: Die doppelte Mauer
Noch brisanter wird es bei YouTube. Die Brüsseler Ermittler werfen Google eine doppelte Wettbewerbsverzerrung vor.
Erstens: Content-Creator müssen Google laut Nutzungsbedingungen weitreichende Rechte an ihren Videos einräumen – inklusive KI-Training. Eine separate Vergütung? Fehlanzeige.
Zweitens: Während Google selbst den riesigen YouTube-Datenschatz für Modelle wie Gemini nutzt, bleiben Konkurrenten wie OpenAI oder Anthropic außen vor. Die Kommission prüft nun, ob diese Abschottung gegen EU-Kartellrecht verstößt.
“Fortschritt nicht auf Kosten unserer Prinzipien”
Teresa Ribera machte bei der Ankündigung unmissverständlich klar: Die Ära der bloßen Beobachtung ist vorbei. “KI bringt bemerkenswerte Innovationen, aber dieser Fortschritt darf nicht auf Kosten der Prinzipien gehen, die das Herzstück unserer Gesellschaften bilden.”
Die neue starke Frau im EU-Wettbewerbsrecht betonte die Bedeutung einer vielfältigen Medienlandschaft für die Demokratie. Wenn Tech-Plattformen die wirtschaftliche Grundlage von Journalismus untergraben, sei dies nicht nur ein ökonomisches, sondern auch ein gesellschaftliches Problem.
Die Kommission behandelt die Untersuchung als “vorrangige Angelegenheit” – ein deutliches Signal für schnelle Ergebnisse.
Google schlägt zurück
Mountain View ließ nicht lange auf sich warten. Google wies die Vorwürfe umgehend zurück und warnte vor einer Innovationsbremse für Europa.
“Diese Beschwerde riskiert, Innovation in einem Markt zu ersticken, der wettbewerbsintensiver ist als je zuvor”, erklärte ein Sprecher. Man habe in den letzten Jahren Milliarden an Verlage und Kreative ausgezahlt und biete bereits Werkzeuge zur Kontrolle der Inhaltsnutzung an.
Das Argument: Europäische Nutzer hätten ein “Recht auf die neuesten Technologien”, KI-Suche sei lediglich die Evolution der klassischen Suche. Kritiker halten dem entgegen, dass “Zusammenarbeit” in einem Monopolmarkt oft einem Diktat gleicht.
Das Jahr der KI-Kartellschlachten
Das Verfahren reiht sich in eine Serie von Ermittlungen ein. Erst letzte Woche hatte die EU ähnliche Untersuchungen gegen Meta wegen dessen KI-Datennutzung bei WhatsApp gestartet. 2025 entwickelt sich zum Showdown zwischen Brüssel und Big Tech.
Die Kommission stützt sich auf klassisches Kartellrecht (Artikel 102 AEUV), nicht primär auf den neuen Digital Markets Act. Taktisch clever: Verstöße können mit Geldbußen von bis zu 10 Prozent des weltweiten Jahresumsatzes geahndet werden – im Fall von Alphabet theoretisch über 30 Milliarden Euro.
Noch einschneidender könnten angeordnete Verhaltensänderungen sein: verpflichtende Lizenzzahlungen an Verlage oder die Öffnung von YouTube-Daten für Wettbewerber würden Googles Geschäftsmodell fundamental erschüttern.
Was auf dem Spiel steht
Für die europäische Medienlandschaft und die globale KI-Branche geht es ums Ganze. Setzt sich die EU durch, könnte dies weltweit als Blaupause dienen, wie Inhalte-Ersteller im KI-Zeitalter fair entlohnt werden.
Scheitert Brüssel jedoch, droht eine Zukunft, in der wenige US-Giganten nicht nur die Infrastruktur des Internets kontrollieren, sondern auch dessen gesamtes Wissen monopolisieren.
Die Fronten sind geklärt, die Untersuchung läuft. Der Ausgang wird maßgeblich darüber entscheiden, ob das Internet der Zukunft ein offener Marktplatz bleibt – oder zur geschlossenen Veranstaltung der KI-Monopolisten wird.
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