WhatsApp: Indien stoppt Datenweitergabe an Meta
Indiens Kartellbehörde verhängt fünfjähriges Datenweitergabeverbot gegen WhatsApp, während in Europa eine Millionenstrafe und neue Digitalgesetze das Geschäftsmodell von Meta herausfordern.
Die weltweit populärste Messaging-App gerät unter enormen Regulierungsdruck. Diese Woche verbot Indiens Kartellwächter WhatsApp für fünf Jahre die Datenweitergabe an Mutterkonzern Meta – wegen Marktmachtmissbrauchs. Gleichzeitig kämpft das Unternehmen in der EU gegen eine 225-Millionen-Euro-Strafe und neue Gesetze, die den Umgang mit Nutzerdaten drastisch beschränken könnten.
Indien schlägt hart zu: „Friss oder stirb“ ist vorbei
Die indische Wettbewerbskommission (CCI) hat Meta einen schweren Schlag versetzt. In einer wegweisenden Entscheidung dieses Monats erklärte die Behörde, WhatsApp habe seine Marktmacht in Indien missbraucht – und das mit der Datenschutz-Regelung von 2021.
Das Problem: WhatsApp zwang seine Nutzer nach dem „Alles-oder-nichts“-Prinzip zur Zustimmung der neuen Bedingungen. Wer nicht akzeptierte, konnte die App nicht mehr nutzen. Die neuen Regeln erlaubten es, Nutzerdaten breit gefächert mit anderen Meta-Plattformen zu teilen.
Bei einer Marktdurchdringung von 95 Prozent in Indien sei das ein klarer Fall von Marktmachtmissbrauch, urteilte die CCI. WhatsApp nutze seine Dominanz beim Messaging, um sich unfaire Vorteile in anderen Bereichen wie der Online-Werbung zu verschaffen.
Die Konsequenz: Fünf Jahre lang darf WhatsApp keine Daten mehr an Meta weiterleiten. Allerdings kämpft der Konzern dagegen an – im Januar 2025 stoppte ein Berufungsgericht sowohl die Geldstrafe als auch das Datenverbot vorerst.
EU-Front: 225-Millionen-Strafe und neue Gesetze
Auch in Europa brennt der Boden unter WhatsApps Füßen. Das Unternehmen kämpft weiter gegen eine saftige Geldbuße der irischen Datenschutzbehörde aus dem Jahr 2021. Der Vorwurf: mangelnde Transparenz bei der Verarbeitung von Nutzerdaten.
Ein kleiner Hoffnungsschimmer kam im März 2025 vom Europäischen Gerichtshof. Ein Generalanwalt empfahl, WhatsApp solle die Rolle der europäischen Datenschutzbehörde (EDPB) bei der Entscheidung direkt anfechten dürfen. Das könnte neue Berufungsmöglichkeiten eröffnen.
Doch das größere Problem kommt erst noch: Metas Pläne für personalisierte Werbung auf WhatsApp mit Daten von Facebook und Instagram stoßen auf massive Kritik. Das neue Digitalmarktgesetz (DMA) der EU verlangt eine freiwillige Einwilligung der Nutzer zur datenübergreifenden Verknüpfung.
Metas umstrittenes „Zahlen oder Zustimmen“-Modell – bei dem Nutzer bezahlen müssen, um der Datennutzung für Werbung zu entgehen – dürfte diesen Standard kaum erfüllen.
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Schadensbegrenzung: Neue Datenschutz-Tools als Antwort
Meta versucht, den Regulierungsdruck mit neuen Funktionen zu entschärfen. Im Frühjahr 2025 führte WhatsApp eine „Erweiterte Chat-Privatsphäre“-Einstellung ein.
Die neuen Möglichkeiten:
– Chat-Verläufe können nicht mehr exportiert werden
– Medien laden nicht automatisch in die Bildergalerie
– Nachrichten werden nicht für Meta AI verwendet
Diese proaktive Strategie kommt nicht von ungefähr. Die Integration des Meta AI-Assistenten in WhatsApp hatte neue Datenschutz-Sorgen ausgelöst – besonders wegen fehlender Opt-out-Möglichkeiten.
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Während WhatsApp betont, dass persönliche Nachrichten und Anrufe durch Ende-zu-Ende-Verschlüsselung geschützt bleiben, sind die neuen Tools ein klarer Versuch, der wachsenden Kritik an den umfassenderen Datensammlungspraktiken zu begegnen.
Der Kern des Konflikts: Geschäftsmodell gegen Regulierung
Der verschärfte Druck in Indien und der EU verdeutlicht einen fundamentalen Konflikt. Metas Strategie baut zunehmend auf die Integration seines App-Universums – Facebook, Instagram und WhatsApp – um umfassende Nutzerprofile für gezielte Werbung zu erstellen.
Regulierungsbehörden sehen diese Integration jedoch mit größtem Misstrauen. Besonders bemerkenswert: Indiens Kartellwächter nutzt Wettbewerbsrecht, um Datenschutz-Probleme anzugehen. Das Argument: Wer Daten einer dominanten Plattform für andere Zwecke nutzt, handelt wettbewerbswidrig.
In der EU schaffen DSGVO, Digitaler-Dienste-Gesetz und Digitalmarktgesetz mächtige Regulierungsinstrumente gegen große „Gatekeeper“-Plattformen.
Was kommt als Nächstes?
Die kommenden Monate werden entscheidend. In Indien steht die finale Entscheidung über das fünfjährige Datenverbot aus – ein Präzedenzfall für Kartellrecht in der digitalen Wirtschaft.
In Europa wird das Urteil zur 225-Millionen-Euro-Strafe die Machtverteilung zwischen nationalen Datenschutzbehörden und der europäischen Ebene klären.
Der größte Kampf aber steht noch bevor: die geplanten WhatsApp-Anzeigen und die Rechtmäßigkeit des „Zahlen oder Zustimmen“-Modells unter dem strengen DMA.
Nutzer können weitere datenschutzorientierte Funktionen erwarten, während WhatsApp Vertrauen aufbauen und Compliance demonstrieren will. Doch die grundsätzliche Spannung zwischen Datenschutz-Versprechen und datengetriebenem Geschäftsmodell garantiert: Der Regulierungsdruck wird WhatsApp auf absehbare Zeit nicht loslassen.