Wien verschiebt Milliardenbudget: Chaos oder Kalkül?
Wien verschiebt den Budgetbeschluss für 2026 auf Mitte Dezember wegen unklarer Bundesdaten und laufender Verhandlungen zum Stabilitätspakt. Die Stadt plant vor dem Hintergrund eines Milliarden-Defizits.
Die Wiener Stadtregierung verschiebt den geplanten Budgetbeschluss für 2026 um einen Monat. Statt November wird der Gemeinderat das milliardenschwere Zahlenwerk erst Mitte Dezember verabschieden.
Finanzstadträtin Barbara Novak (SPÖ) nennt als Hauptgrund die unklaren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Die noch laufenden Verhandlungen mit dem Bund über Stabilitätspakt und Steuerverteilung erschweren eine seriöse Planung zusätzlich.
Ohne Bundesdaten im Blindflug
„Mir ist es ein großes Anliegen, mit seriösen und validen Zahlen zu arbeiten“, begründete Novak die Verschiebung. Das zentrale Problem: Die Prognose des Bundes über die Höhe der Ertragsanteile fehlt noch immer.
Diese Bundessteuer-Anteile machen 50 Prozent der gesamten Wiener Einnahmen aus. Finanzdirektor Christoph Maschek spricht ohne diese Eckdaten von einem „Blindflug“ bei der Budgeterstellung.
Zusätzlich blockieren zähe Verhandlungen zum neuen Stabilitätspakt die Planungen. Streitpunkte sind die Aufteilung nicht geregelter Einnahmen wie der Bankenabgabe und die Frage, wer zukünftige EU-Sanktionen tragen muss.
Der neue Zeitplan steht fest
Die Verschiebung bringt einen straffen neuen Fahrplan mit sich:
- Mitte Oktober bis November: Erstellung des 600-seitigen Zahlenwerks
- 14. November: Öffentliche Auflage des Budgetentwurfs
- 9. Dezember: Behandlung in Stadtsenat und Finanzausschuss
- 16./17. Dezember: Finale Debatte und Beschluss im Gemeinderat
Für das komplexe Budget müssen 19.350 Haushaltskonten von 57 Dienststellen geplant werden – ein enormer personeller Aufwand trotz EDV-Unterstützung.
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Opposition wittert Chaos, SPÖ verteidigt sich
Die Ankündigung löste heftige politische Reaktionen aus. Während die Grünen von „Chaos“ sprechen, kontert SPÖ-Klubchef Josef Taucher mit dem Vorwurf des „billigen Populismus“.
„Hektik oder Schnellschüsse würden die Finanzstabilität Wiens gefährden“, verteidigt Taucher die Verzögerung als verantwortungsvolles Handeln.
Wien kämpft mit Milliarden-Defizit
Die Verschiebung erfolgt vor dramatischem finanziellen Hintergrund. Für 2025 plant Wien bereits Einsparungen von 500 Millionen Euro. Gleichzeitig wurde die Defizit-Prognose auf bis zu 3,8 Milliarden Euro nach oben korrigiert.
Dieser Druck verschärft die Budgetverhandlungen für 2026 zusätzlich. Die Stadt sucht bereits nach neuen Einnahmequellen – die Teuerung bei den Wiener Linien und eine höhere Ortstaxe stehen zur Debatte.
Taktik oder Notwendigkeit?
Analysten sehen in der Verzögerung möglicherweise auch taktische Überlegungen. Wien könnte den Druck auf den Bund erhöhen wollen, um bessere Konditionen bei den Verhandlungen zu erreichen.
Kritisch bleibt auch die Finanzierung über die Bundesfinanzierungsagentur. Eine mögliche Deckelung würde Wien zu teureren Krediten am Kapitalmarkt zwingen – mit jahrelangen Mehrkosten.
Die kommenden Wochen werden zeigen, ob Wien den Spagat zwischen notwendiger Konsolidierung und wichtigen Zukunftsinvestitionen meistern kann. Für die Wiener stehen Gebühren und städtische Leistungen auf dem Spiel.