FDP will Familienrechtsreform noch vor der Wahl
Die FDP-Fraktion will noch in dieser Sitzungswoche eine umfassende Familienrechtsreform in den Bundestag einbringen und appelliert an die einstigen Koalitionspartner SPD und Grüne, dem Vorhaben zuzustimmen.
"Wenn Sie es ernst mit den Reformen im Familienrecht meinen und nicht nur im Bundestagswahlkampf punkten wollen, haben sie in dieser Wahlperiode noch die Gelegenheit, für unsere Vorschläge zu stimmen", sagte Katrin Helling-Plahr, rechtspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, dem "Tagesspiegel" am Mittwoch. Es gehe um "die größte Familienrechtsreform seit Jahrzehnten". Das Paket, das auf den Gesetzesvorschlägen des früheren Justizministers Marco Buschmann (FDP) basiert, enthält eine grundlegende Modernisierung von Kindschafts-, Unterhalts- und Abstammungsrecht.Vor allem in Sachen Unterhalt war die frühere Koalition uneins. Die FDP plädierte dafür, es bei der Berechnung des Unterhalts zu berücksichtigen, wenn zum Beispiel der Vater ein Kind zu 40 Prozent der Zeit betreut. Derzeit wird dann trotzdem der volle Unterhalt fällig. Familienministerin Lisa Paus (Grüne) hatte hingegen befürchtet, eine Änderung des Unterhaltsrechts werde insbesondere getrenntlebende Mütter in existenzielle Nöte bringen. Nun geht die Helling-Plahr die Familienministerin frontal an. "Wer sich öffentlich als Anwältin für Kinder und vielfältige Familienkonstellationen darstellt, hinter verschlossenen Türen jedoch seine eigenen Interessen über das Wohl von Trennungsfamilien, Patchwork-Familien, lesbischen Müttern und Frauen stellt, hat viele Menschen in unserem Land im Stich gelassen und sich als für das Amt der Familienministerin unwürdig erwiesen", sagte sie. Die Ministerin habe sämtliche Reformen blockiert und so verhindert, dass sie in das parlamentarische Verfahren hätten eingebracht werden können. Die Liberalen haben das Gesetzespaket am Dienstag bei ihrer Fraktionssitzung als eigene Initiative beschlossen. Ein Elternteil, das sein Kind zu 40 Prozent im Alltag betreue, trage eine erhebliche Verantwortung, argumentiert Helling-Plahr. "Die derzeitige Regelung, die diesen Elternteil nur als Zahlenden betrachtet, spiegelt diese Verantwortung nicht angemessen wider." Wer den Status Quo verteidige, stelle offenbar das Wohl der Kinder hinten an. Die FDP-Politikerin ist auch eine Verfechterin des Wechselmodells, bei dem beide Elternteile zu gleichen Teilen die Betreuung übernehmen. "Das Wechselmodell ist in vielen Fällen das beste Betreuungsmodell für alle Beteiligten, findet im Gesetz jedoch keine Verankerung. Das muss sich ändern." Auch in Sachen Abstammungsrecht macht Helling-Plahr den früheren Koalitionspartnern Vorwürfe. Dabei geht es etwa um die Rechte lesbischer Co-Mütter. "Es ist an der Zeit, Ross und Reiter zu nennen: Grüne und SPD haben sich gegen diese Reform gestellt", sagte die FDP-Politikerin. Die beiden Fraktionen hätten eine Regelung gefordert, die aus der Sicht von Helling-Plahr mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Vaterschaftsrecht, das die Rechte leiblicher Väter stärkt, nicht vereinbar gewesen wäre.