Länder suchen Tausende Plätze für Asylbewerber
In den Bundesländern fehlen Tausende reguläre Unterbringungsplätze für Asylbewerber.
Mehrere Ministerien teilten auf Anfrage der "Welt am Sonntag" mit, die eigenen Kapazitäten zwar aufstocken zu wollen, dabei aber auf deutliche Hürden zu stoßen. So erklärte das zuständige Migrationsministerium in Baden-Württemberg, rund zusätzliche 9.000 Regelplätze in Erstaufnahmeeinrichtungen zu benötigen. Derzeit hat das Land nur etwa 6.200. Niedersachsen sieht einen Bedarf von 7.500 Regelplätzen, zur Verfügung stehen aktuell 3.808. Mecklenburg-Vorpommern hält 2.400 Plätze für notwendig, vorhanden sind derzeit 1.200. Auch die Länder Bayern, Berlin, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz möchten ihre Kapazitäten aufstocken. Geeignete Liegenschaften zu finden, ist aber offenbar ein großes Problem."Es ist rechtlich und aufgrund häufig ablehnender Haltungen vor Ort auch faktisch schwierig, neue Erstaufnahmeeinrichtungen zu errichten", heißt es aus Baden-Württemberg. Niedersachsen erklärte, bereits seit Herbst 2022 "eine intensive Liegenschaftsakquise" zu betreiben, um neue Unterkünfte für die Erstaufnahme zu erschließen. Das gestalte sich als schwierig. "Die Gründe hierfür sind vielfältig." Ob der angestrebte Aufbau weiterer Erstaufnahmeeinrichtungen gelinge, werde unter anderem von der Unterstützung vor Ort abhängen. Im vergangenen Jahr war der Streit um die Flüchtlingsunterbringung eskaliert, weil die Länder ihrer gesetzlichen Pflicht nicht mehr nachkamen, Asylbewerber während des Verfahrens unterbringen. Vielfach wurden sie zügig nach der Ankunft an die Kommunen weitergeleitet, wo ebenfalls Plätze fehlten. Aktuell ist die Lage zwar entspannter, weil weniger Menschen nach Deutschland kommen. Allerdings rechnen mehrere Länder mit erneuten Engpässen im Sommer. Man müsse davon ausgehen, "dass die Zahlen, wie auch in den vergangenen Jahren, spätestens zum Sommer wieder stärker ansteigen", teilte die Landesaufnahmebehörde Niedersachsen mit. Das Migrationsministerium in Baden-Württemberg erklärte, sich an Zahlen des Bundes zu orientieren. Dieser gehe bei Aufstellung seines Finanzplans bis 2026 von 210.000 Asylantragstellern pro Jahr aus. Entsprechend der gesetzlich festgelegten Verteilquote müsse Baden-Württemberg 27.300 Asylbewerber pro Jahr unterbringen. 15.000 Plätze in Erstaufnahmeeinrichtungen seien notwendig. "Nach unserer Einschätzung sind die bestehenden Kapazitäten der Länder nahezu ausgeschöpft und reichen in Teilen bereits jetzt nicht mehr aus", sagte der Präsident des Deutschen Landkreistages, Reinhard Sager. "Deshalb werden in einzelnen Ländern nach wie vor Asylbewerber aus den Aufnahmeeinrichtungen der Länder auch ohne abgeschlossenes Asylverfahren oder ohne Anhörung auf die Landkreise verteilt." Das bedeute für alle Beteiligten "einen hohen Aufwand". Tatsächlich verfehlen einige Länder das Ziel, Asylbewerber erst am Ende des Asylverfahrens an die Kommunen weiterzuleiten. Eigentlich sollen Migranten erst dann in die Kreise und Städte verteilt werden, wenn sie die Anhörung durchlaufen haben - und bestenfalls bereits den Bescheid über den Asylantrag in der Tasche haben. Darauf hatten sich der Bundeskanzler und die Regierungschefs der Länder im Herbst geeinigt. Das Thüringer Landesverwaltungsamt teilte nun aber mit, dass man zwar grundsätzlich bestrebt sei, dass Asylbewerber zumindest bis zur Anhörung in der Erstaufnahme verbleiben. "Vor dem Hintergrund, dass stets freie Kapazitäten vorgehalten werden müssen, um neu ankommende Asylbewerber aufnehmen zu können, wird mitunter eine kommunale Zuweisung von Asylbewerbern auch vor der Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge notwendig." Ähnliches ist aus anderen Ländern zu hören.